Werte Lesende,

es wird Zeit, die lange vernachlässigte, sehr persönliche und politisch unkorrekte Rubrik „Unliterarische Wortrandale“ wieder aufzunehmen. Dafür gibt es einen Grund: #Zukunft

Kunst, Kultur und Wissenschaft als Basisressourcen Berlins“, lautete das Thema eines Diskussionsabends am 9. März im verd.i-Haus, moderiert von Dr. Volker Hassemer, derzeit Vorsitzender der Stiftung Zukunft Berlin. Wer kam, sah sich einigen Mitgliedern eines Think-Tanks zur #Zukunft Berlins gegenüber. Weitere Veranstaltungen sollen folgen. Die Stiftung Zukunft Berlin hat Broschüren gedruckt mit der Überschrift „Initiativen für die Stadt“, Ziel ist ein Berlin-Forum. Landesbezirksleiterin Susanne Stumpenhusen von ver.di fungierte ebenfalls als Moderatorin.

Also ich sag`s mal so. Es war eine ehrenwerte Versammlung mit ehrenwerten Menschen voller ehrenwerter Absichten, deren ganzes Ausmaß die Runde der Gäste (sofern sie nicht sowieso dazugehörten) vorläufig nur erahnen konnten. Obige These war laut Hassemer nur eine von fünfen, die anderen vier wurden weder genannt noch diskutiert.

In dieser vergangenheitsgeschüttelten und gegenwartsverletzten Gesellschaft über Perspektiven, über neue Formen und Foren zu reden, ergibt natürlich Sinn. Nur, sie ahnen es schon, jetzt kommt das Aber. Wenig Sinn ergibt es für mich, das auf jene ganz bestimmte Art und mit jener Form von Sprache zu tun, in der sich kluge, studierte, linksverkopfte Menschen oft sehr wohlfühlen, die emotionalere und bauchgesteuerte Gemüter aber eher abschreckt. Wie diese Überschrift: Kunst, Kultur und Wissenschaft als Basisressourcen Berlins.

Aha. Wir, die Berliner Künstler, sind also eine Basisressource. Immerhin, wir stehen sogar ganz vorne. Noch vor der Kultur. Und vor den Wissenschaftlern. Ist doch anständig, uns den Vortritt zu lassen. Passiert sonst nur selten. Meistens gehören wir zu denen, die von den Hunden gebissen werden. Unter den Gästen waren an diesem Abend – meiner Beobachtung nach – ganz wenige hauptberuflich arbeitende Künstler, dafür Wissenschaftler, Experten, Kulturmacher und -Verwerter, Überdiekultursprecher und Kulturorganisatoren.

Sie wirkten auf mich, die ich nur an mein Bett im Kämmerlein mit dem lecken Dach und dem Regenschirm gewöhnt bin, wie Vertreter eines Paralleluniversums. Irgendwie hatte ich immer mal wieder das Gefühl, als wären die Schaffenden, die da besprochen, verwaltet, gefördert werden, die ihre existentiellen Bedürfnisse in Anträge packen und diese verschicken, sodass sie kaum noch dazukommen, Kunst zu schaffen, nichts als schmückendes Beiwerk. Zumindest an diesem Abend. Aber gehen wir mal davon aus, das ändert sich noch.

Basisressource. Was soll ich jetzt davon halten? Wir alle wissen es (bis auf einen gewissen Herrn T. vielleicht) und reden auch unablässig darüber, machen immer wieder neue Studien, die uns noch weiter versichern, dass wir dabei sind, unsere Ressourcen zu zerstören und die Erde gleich mit. Wir bestärken uns gegenseitig darin, dass dringend etwas getan werden muss, weil viele unserer Pflanzen und Tiere gefährdet sind. Die Artenvielfalt stirbt. Was wir zuletzt erschreckt an den Insekten feststellen konnten, diesen ungeliebten Tierchen: „In den letzten Jahren ist die Zahl der Fluginsekten in Teilen Deutschlands dramatisch zurückgegangen, in Nordrhein-Westfalen um alarmierende 80 Prozent.“, schrieb der BUND, der auch zum Zukunfts-Thinktank gehört. Dazu die Evangelische Kirche, die Handwerkskammer, die IHK Berlin, der Landesportbund, der Paritätische Wohlfahrtsverband, ver.di – und eben die Stiftung Zukunft Berlin.

Irgendwie fühlte ich mich an diesem Abend wie eine der letzten Fliegen dieser letzten 20 Prozent.